Pressemitteilung zur VDF/BVDF-Jahrestagung 2017

Produktionsentwicklung in der Fleischverarbeitung 2016Vergrößern Herunterladen
VDF/BVDF, 18.05.2017 -

Wirtschaftliche Entwicklung des deutschen Fleischsektors

Überblick

Die Marktbedingungen des vergangenen Jahres blieben für die Unternehmen der Fleischwirtschaft anhaltend schwierig. Ausschlaggebend hierfür ist die weiterhin schrumpfende Nachfrage für Schweinefleisch in Deutschland und in der EU. Die generell verringerte Nachfrage nach Fleisch und die wachsenden Abschottungstendenzen innerhalb der EU führten zudem zu einem weiter rückläufigen Binnenhandel. Die gehandelten Mengen gingen sowohl beim Import als auch beim Export um jeweils gut 2 % zurück.

Positiv entwickelte sich hingegen der Export in Drittländer, der beim Schweinefleisch um 35 % und bei Schlachtnebenerzeugnissen um über 20 % zunahm. Triebfeder hierfür ist vor allem eine starke Zunahme der Lieferungen nach China und in etwas geringerem Umfang auch in andere, vor allem asiatische, Länder. Die starke Abhängigkeit vom Absatz in China birgt aber auch Gefahren. Zudem wächst die Konkurrenz insbesondere der Anbieter aus Nord- und Südamerika auf den attraktiven asiatischen Märkten.

Der gewachsene Drittlandsexport trug somit auch wesentlich zum Anstieg der Erzeugerpreise für Schlachtschweine bei. Wichtig ist hierbei insbesondere, dass die Überseemärkte Teilstücke und Produkte nachfragen, deren Absatz im EU-Binnenmarkt begrenzt ist. Die Kombination von Absatz im Inland und in Drittländern verbessert die Verwertung der Schlachttiere und trägt zu einer Optimierung im Sinne der Nachhaltigkeit bei.

Nach wie vor kann deutsches Schweinefleisch aufgrund fehlender veterinärrechtlicher Grundlagen aber nicht in alle potentiellen Abnehmerländer geliefert werden. Wäre diese Möglichkeit gegeben, sähe die Absatzsituation für die Schlachtunternehmen vermutlich günstiger aus.

Die gestiegenen Erzeugerpreise sind auch eine Folge des Rückgangs der Schweineproduktion in Deutschland und in der Summe im übrigen Europa. Ursache hierfür war die anhaltend schwierige Preissituation des Jahres 2015, die viele Landwirte zur Aufgabe der Produktion gezwungen hat.

Die in den letzten Monaten sehr stark angestiegenen Fleischpreise bilden aber ein großes Problem für die Fleischwarenindustrie, die die gestiegenen Rohstoffkosten nicht an die Abnehmer weitergeben kann.

Im Rindfleischsektor ist die Lage etwas positiver. Der Konsum nahm in Deutschland um knapp 2 % leicht zu, und die Produktion blieb nahezu unverändert. Rindfleisch liegt offensichtlich als hochwertiges Qualitätsprodukt weiterhin im Trend der Verbraucher. Dies zeigt sich an der leicht zunehmenden Einfuhrmenge aus Drittländern vor allem Südamerikas. Aber auch beim inländischen Angebot ist eine Zunahme bei hochwertigem Färsenfleisch festzustellen, während die Schlachtungen von Jungbullen rückläufig sind.

Auch im Rindfleischsektor geht der EU-Binnenhandel sowohl bei Ausfuhr als auch bei der Einfuhr deutlich zurück, ein Ergebnis auch der Tendenzen in vielen EU-Ländern, diverse Hürden für die Verwendung von Fleisch aus anderen EU-Ländern aufzubauen.

Die starke und deutlich zunehmende Nachfrage nach Rindfleisch weltweit kann weiterhin aus Deutschland kaum bedient werden, da wir wegen fehlender Veterinärabkommen insbesondere mit den wachstumsstarken asiatischen Ländern vom Exportmarkt abgeschnitten sind. Die Drittlandslieferungen Deutschlands spielen sich daher nahezu vollständig in Europa ab mit Norwegen als wichtigstem Zielmarkt vor der Schweiz an zweiter Stelle.

Die Nachfrage in Deutschland leicht rückläufig

Der Fleischverzehr ist in Deutschland im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr von 61,1 kg pro Kopf der Bevölkerung um gut 1 kg auf 60,0 kg gesunken. Die Entwicklung in Deutschland liegt damit in etwa im europäischen Durchschnitt. Die EU-Kommission kommunizierte für 2016 einen Verbrauchsrückgang von 2,5 %. Beim Niveau des Pro-Kopf-Verbrauchs liegt Deutschland allerdings im europäischen Vergleich hinter Spanien, Dänemark, Österreich, Portugal, Frankreich, Italien und Irland im Mittelfeld.

Auch der Rückgang der privaten Fleischeinkäufe hat sich im zurückliegenden Jahr weiter fortgesetzt. So sank die private Nachfrage für Fleisch insgesamt nach Berechnungen der AMI zwischen Januar und November 2016 um durchschnittlich 0,9 %. Während die Nachfrage nach Rindfleisch leicht um 2,3 % zulegen konnte, kauften die Haushalte rund 4,3 % weniger Schweinefleisch als im Jahr zuvor. Wurstwaren verloren leicht um 0,9 %. Allerdings berücksichtigt die Nachfrage der Privathaushalte nicht die seit Jahren deutliche Steigerung des Außer-Haus-Verzehrs, welche durch die hohe Beschäftigungsquote in Deutschland und die zunehmende Schulverpflegung nochmals zugelegt haben dürfte.

Mit einem statistischen Pro-Kopf-Verzehr von 36,2 kg liegt Schweinefleisch trotz eines Rückgangs von 1,7 kg weiterhin deutlich an der Spitze der Verbrauchergunst. Wichtigste Ursachen für den Rückgang dürften in der demografischen Entwicklung, in der stets weiter zunehmenden Entwicklung hin zum Außer-Haus-Verzehr und im Anstieg des Anteils von Bevölkerungsgruppen, die Schweinefleisch aus dem Ernährungsraster ausschließen, zu finden sein. Auch die Preisrelationen zwischen den Fleischarten haben einen Einfluss, der weiterhin das Geflügelfleisch begünstigt. Hier stieg der Pro-Kopf-Verzehr erneut um 0,5 % auf 12,5 kg an. Der Verzehr von Rindfleisch ist ebenfalls um 0,2 kg auf 9,7 kg angestiegen. Bei dieser Fleischart liegt Deutschland im EU-Vergleich ziemlich weit hinten in der Reihenfolge. Nur in Polen, Rumänien, Zypern, Litauen, Kroatien, Lettland, Spanien und Belgien wird je Einwohner weniger Rindfleisch verbraucht als in Deutschland. Vor 35 Jahren, bei deutlich niedrigerem durchschnittlichem Einkommen, lag der Verbrauch in Deutschland noch um rund 5 kg/Kopf über dem heutigen Niveau. Auf den Verzehr von Schaf- und Ziegenfleisch entfielen 0,6 kg und andere Fleischarten (insbesondere Innereien, Wild, Kaninchen) sind mit 0,9 kg zu veranschlagen.

Das Angebot

Im Jahr 2016 blieb die Fleischerzeugung gegenüber dem Jahr 2015 nahezu unverändert. Rein rechnerisch weist die Statistik eine Steigerung von 4.500 t auf 8,25 Mio. t. aus. Diese geringe Veränderung liegt aber unterhalb der möglichen Fehlergröße bei der Datenermittlung. Der rechnerische Anstieg der Erzeugung geht auf die leicht gestiegene Geflügelfleischerzeugung zurück (+ 0,3 %).

Die Zahl der Schlachtungen von Schweinen ging 2016 gegenüber dem Vorjahr um 0,1 % (63.400 Tiere) auf 59,3 Mio. Stück minimal zurück. Das Schlachtaufkommen von Schweinen inländischer Herkunft sank dabei um 447.100 (– 0,8 %) auf 54,6 Mio. Tiere. Die Anzahl der Schlachtungen ausländischer Schweine stieg im gleichen Zeitraum hingegen um 383.700 (+ 9,0 %) auf 4,7 Mio. Tiere. Aufgrund des im Durchschnitt etwas höheren Schlachtgewichts blieb die Produktion von Schweinefleisch gegenüber dem Jahr 2015 bei 5,57 Mio. t in etwa unverändert.

Die Anzahl von gewerblich geschlachteten Rindern erhöhte sich gegenüber dem Jahr 2015 um 0,5 % (+ 16.400) auf 3,6 Mio. Tiere. Wegen des gesunkenen durchschnittlichen Schlachtgewichts der Rinder (– 2,0 kg), insbesondere aufgrund der Verschiebung der Struktur zugunsten der weiblichen Tiere, sank die erzeugte Schlachtmenge allerdings um 0,2 % (– 1.800 t) auf 1,13 Mio. t.

Fleischwarenindustrie unter Druck

Bei einer stabilen Produktionsentwicklung berichten die Unternehmen der deutschen Fleischwarenindustrie von empfindlichen Ertragseinbußen, weil sich die Preise für Verarbeitungsteilstücke zur Herstellung von Wurstwaren seit Monaten auf einem hohen Niveau halten und keine Änderung der Situation in Sicht ist. So haben die Preise für Schweinefleisch im ersten Quartal des laufenden Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 20% zugelegt. Sauenfleisch, das in der Verarbeitung eine besondere Rolle spielt, legte gar um fast 40% zu. Diese schwierige wirtschaftliche Situation könnte die strukturellen Verschiebungen der bislang mittelständisch geprägten Branche weiter beschleunigen.

Bislang ist es meist nur unzureichend gelungen, die höheren Kosten im rückläufigen Markt durch die Preise weiterzugeben. Im zurückliegenden Jahr erzielten die Unternehmen der deutschen Fleischwarenindustrie deshalb nur ein leichtes Umsatzplus von 2,8 % von 18,3 Mrd. € auf 18,8 Mrd. €. Es wurden 61.600 Mitarbeiter beschäftigt, 4,5 % mehr als im Vorjahr.

Nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes wurden 2016 von der Fleischwarenindustrie rund 1,5 Mio. t Wurstwaren hergestellt, 0,4 % mehr als im Jahr 2015. Die größte Gruppe innerhalb der Herstellung von Wurstwaren entfiel auf Brühwurstprodukte mit 924.494 t, Rohwürste mit 419.873 t sowie Kochwürste mit 188.288 t. Diese Zahlen entsprechen dank guter Nachfrage in den europäischen Nachbarländern weitgehend den Zahlen des Vorjahres. Nicht von der Statistik erfasst werden weitere Produktgruppen wie Schinken, Braten, Fertiggerichte, vegetarische Produkte oder Suppen.

Drittlandsexport wächst weiter, die Konkurrenz aber auch

Weltweit sorgt der wieder wachsende Wohlstand für steigende Nachfrage nach tierischen Lebensmitteln und damit auch nach Fleisch. Hiervon profitieren auch die deutsche und europäische Fleischwirtschaft mit ihren guten und stabilen natürlichen Ressourcen sowie dem hohen Qualitätsniveau eindeutig.

Dennoch steht Deutschland vor großen Herausforderungen, da die Abhängigkeit von China sehr groß geworden ist und zusätzliche, aufnahmefähige Alternativmärkte bislang nicht geöffnet werden konnten. Ferner erhöhen die steigende Produktion in Nord- und Südamerika, die zielorientierte Unterstützung des Exports dieser Länder durch die nationalen Behörden und günstige Wechselkursbedingungen die Konkurrenz auf dem Weltmarkt erheblich.

Auch innerhalb der EU wächst die Konkurrenz. Insbesondere Spanien operiert aufgrund deutlich ansteigender Produktionsmengen von Schweinefleisch und äußerst aktiver Unterstützung durch die nationalen Veterinärbehörden sehr erfolgreich im Drittlandsexport. Bei entsprechender Fortsetzung der bisherigen Entwicklung wird Spanien im Jahr 2017 größter Exporteur von Schweinefleisch innerhalb der EU werden und Deutschland auf Platz zwei verdrängen.
Mit gut 4,3 Mio. t exportierte die deutsche Fleischwirtschaft 2016 weiterhin auf sehr hohem Niveau und konnte erneut einen Zuwachs verzeichnen (+ 3,4 %). Die Exporterlöse erhöhten sich aufgrund des gestiegenen Rohstoffpreisniveaus etwas stärker um 4,5 % auf ca. 9,7 Mrd. €.

Von der Exportmenge entfielen 12,7 % auf Fleischwaren (Würste und Fleischzubereitungen). Der Anteil der deutschen Fleischwarenindustrie am Gesamtexport des Fleischsektors blieb damit gegenüber dem Vorjahr unverändert.

Wichtigste Abnehmerländer für Fleisch und Fleischwaren aus Deutschland sind die EU-Länder, in die je nach Tierart und Produktkategorie 80 bis 90 % der Ausfuhrmengen fließen.

Bei den Nebenprodukten der Schlachtung (u. a. Innereien, Speck und Fette) haben Drittländer mit über 65 % einen deutlich höheren Anteil.

Insgesamt wurden aus Deutschland 724.000 t an Nebenprodukten ausgeführt, 29.000 t mehr als 2015. Die Zunahme bei der Ausfuhr in Drittländer (+ 83.000 t) überstieg den erneuten Rückgang der Lieferungen in EU-Länder (- 53.000 t) deutlich. Der Drittlandsexport (insgesamt 470.000 t) entfällt zu fast 60 % auf Lieferungen nach China. Die Lieferungen dorthin stiegen um 40 % auf 281.000 t. Weitere wichtige Zielländer sind Hongkong (76.000 t) und die Philippinen (28.000 t).

Bei frischem und gefrorenem Schweinefleisch ist die Exportmenge nach vorläufigen Daten um etwa 5,1 % auf insgesamt 1,87 Mio.t angestiegen. Der auf EU-Mitgliedstaaten entfallene Anteil betrug 74 %.

Die Exporte von frischem und gefrorenem Rindfleisch sind gegenüber dem Vorjahr um 4,5 % bzw. 14.000 t auf 295.583 t abermals gesunken. Hiervon entfielen gut 91 % auf den Binnenhandel, diese Lieferungen sanken leicht um 2,5 %. Die Lieferungen in Drittländer gingen noch stärker zurück (- 14 %) und beliefen sich auf 28.231 t. Hauptzielländer sind vor allem Norwegen (56 %) und die Schweiz (24 %).

Der Drittlandsexport von Fleischwaren ist weniger stark ausgeprägt als der Export von Frischfleisch, weil der Verzehr von Wurstwaren in außereuropäischen Märkten bislang anderen Geschmacksgewohnheiten unterliegt. In ostasiatischen Märkten wie Japan, Korea oder Hongkong, wo deutsche Fleischwaren zunehmend als besonders hochwertige Spezialitäten bekannt sind, ist allerdings eine steigende Nachfrage spürbar. Für Lieferungen nach China fehlt eine zwischenstaatliche Vereinbarung.

Die Erschließung neuer Exportmärkte ist für die Absatzsicherung der deutschen Fleischwirtschaft von existenzieller Bedeutung. Die deutschen Fleischunternehmen arbeiten daher seit acht Jahren in German Meat, der gemeinschaftlichen Exportförderungsorganisation der deutschen Fleischwirtschaft, erfolgreich zusammen. Ein Großteil der erzielten Erfolge beim Ausbau von bestehenden Beziehungen und der Gewinnung neuer Märkte ist auf die Tätigkeit in Kooperation mit German Meat zurückzuführen.

Einfuhr leicht gesunken

Die Einfuhr von frischem und gefrorenem Rindfleisch betrug nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes 328.000 t und lag damit um 4,2 % unter der Menge von 2015. Auf die Bezüge aus anderen EU-Ländern entfielen davon mit gut 283.000 t circa 86 %. Wichtigste Lieferländer sind die Niederlande, Italien und Frankreich. Zu beachten ist hierbei, dass ein erheblicher Anteil der Rindfleischlieferungen aus den Niederlanden ursprünglich Drittlandseinfuhren vor allem aus Südamerika und den USA sein dürften, die über den Hafen Rotterdam in die EU eingeführt werden. Dieser „Rotterdam-Effekt“ wird in der Außenhandelsstatistik nicht berücksichtigt.

Aus Drittländern wurden rund 45.000 t direkt nach Deutschland eingeführt. Das war ein Anstieg von 3,4 %. Die Einfuhr bleibt jedoch weiterhin deutlich hinter der traditionell eingeführten Menge an Rindfleisch zurück. Argentinien ist mit gut 20.200 t weiterhin der mit Abstand wichtigste Lieferant außerhalb der EU. Die Menge erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr leicht um 3,3 %. Der Anteil Argentiniens an der gesamten Einfuhrmenge aus Drittländern belief sich somit auf gut 45 %. Brasilien rückte mit einem Liefervolumen von rund 9.400 t auf Platz zwei der Drittländer (21 %). Seine Liefermenge stieg gegenüber dem Vorjahr stark um 18,6 %. Uruguay steht nun in der Rangliste der Lieferländer mit 8.600 t (19 %) auf dem dritten Platz mit einem Anstieg gegenüber 2015 von 4,6 %. Der Import aus den USA ist weiter stark zurückgegangen auf nun 2.900 t (- 27,6 %).

Die Einfuhr von frischem und gefrorenem Schweinefleisch ist 2016 um 2,2 % auf 904.000 t zurückgegangen. Wichtigstes Lieferland ist wie auch im Vorjahr Dänemark mit rund 310.000 t (- 6,4 %) vor Belgien mit 285.000 t (- 7,5 %) und den Niederlanden mit 106.000 t (- 4,2 %).

Drittlandseinfuhren spielen bei Schweinefleisch mit einer Menge von knapp 3.000 t und einem Anteil von 0,33 % weiterhin keine Rolle. Lieferländer sind hier fast ausschließlich Chile und die Schweiz.