EU-Kommissar Kyprianou zur Situation in Brasilien

VDF, 11.10.2007 - In einer Stellungnahme vor dem Agrarausschuss des Europäischen Parlaments verteidigte EU-Gesundheits- und Verbraucherschutzkommissar Kyprianou am 9. Oktober die weitere Zulassung von Rindfleisch aus Brasilien für die Lieferung in die EU.

Kyprianou argumentierte, dass die EU bei der Zulassung oder Ablehnung von Lieferungen nach strengen Kriterien vorgehe:

  • wissenschaftlicher Ansatz (ökonomische Erwägungen bleiben unberücksichtigt)
  • Prinzip der Risikobewertung
  • Prinzip der Regionalisierung
  • Ziel: Schutz der menschlichen und tierischen Gesundheit.

Die Ergebnisse der jüngsten Inspektionen rechtfertigten eine sofortige Liefersperre gegen Brasilien nicht. Es treffe zu, dass die Inspektionsberichte auch Defizite enthielten. dies sei aber auch bei Inspektionen in Mitgliedstaaten der Fall. Die festgestellten Defizite begründeten aber keine Gefahren für die menschliche und tierische Gesundheit in der EU und könnten durch die von der EU vorgeschlagenen Korrekturmaßnahmen behoben werden. Die EU praktiziere weder exzessive Toleranz noch übertriebene Striktheit. Kyprianou betonte, dass bei Verlassen der objektiven Linie die EU unmittelbar von Drittländern durch Sanktionsmaßnahmen abgestraft würde. Dies hätte schwerwiegende Auswirkungen auf den Export der EU.

Bei der erneuten Inspektionsreise im November soll festgestellt werden, ob die Korrekturmaßnahmen durchgeführt worden seien. Sollten die Defizite weiter bestehen, würden adäquate Maßnahmen beschlossen.

Der vorläufige Zeitplan für die kommenden Monate sehe wie folgt aus:

  • Oktober 2007: Treffen mit dem brasilianischen Landwirtschaftsminister in Brüssel
  • November 2007:
    - Bereitstellung des Berichts der Inspektion vom März 2007 (bislang war lediglich der Bericht über die Inspektion zum Thema Rückstände verfügbar)
    - erneute Inspektionsreise nach Brasilien (6.-19.11.)
  • Anfang 2008: Bericht über die Inspektionsreise im November 2007.


Das Thema wurde von den Europa-Abgeordneten sehr kontrovers diskutiert. Insbesondere britische und irische Abgeordnete forderten einen Lieferstopp, da die Kommission ihrer Meinung zufolge Erzeuger in der EU gegenüber den brasilianischen benachteiligten. Sie bezweifelten die Interpretation der Kommission und legten hierzu ein Memorandum des irischen Bauernverbands vor. Eine Gruppe von EP-Abgeordneten initiierte ferner eine sogenannte schriftliche Erklärung, die eine Sperre für brasilianisches Rindfleisch bezweckt. Für den Fall dass sich bis 3.12.2007 mehr als die Hälfte der Parlamentsmitglieder der Erklärung durch Unterschrift (erforderlich wären 393 Unterschriften) anschließen, würde daraus eine Resolution des EP. Eine Resolution wäre für die Kommissionsorgane zwar nicht bindend, würde aber einen erheblichen politischen Druck darstellen.

Spanische Abgeordnete unterstützten hingegen die Kommission und äußerten die Vermutung, dass die irische Position von rein wirtschaftlichen Überlegungen getragen sei.